über meine Geschichte

Seit Peter Wohlleben Erstaunliches über das geheime Leben der Bäume publik macht, wissen wir, dass Bäume miteinander kommunizieren.
Ich lasse deshalb hier zwei meiner Bäume miteinander flüstern und nebenbei meine Geschichte der letzten Jahre erzählen.


H: Na, Wacholder, wie geht's dir?
W: Jaaa, geht so.
H: Denkst du immer noch an die alten Zeiten?
W: Irgendwie schon. Das war mein Leben. Ich war total gern dort am Hintereingang von Haus Sonne in Tabor in Marburg. Die sogenannten „Taborbrüder“ mussten an mir vorbei, wenn sie Duschen wollten oder zu den Umkleideräumen. Ich kannte sie alle. Ach war das schön! Von mir aus hätte das immer so weiter gehen können.
H: Ja ja, aber denk an den Bagger beim Abriss. Du hättest das nicht überlebt. Du wärst kaputt gegangen. Ist es nicht großartig, dass unser Wolfgang genau im richtigen Augenblick da war und Hoffnung und eine neue Idee für dich hatte? Er hat dich doch regelrecht herausgerettet
und dir eine neue Chance gegeben.
W: Du hast schon Recht, aber das war ganz schön heftig: Mit der Baggerschaufel entwurzelt, in einen Topf gesetzt und 80% meiner Äste abgeschnitten. Das tat weh!
H: Keine Frage. Doch Wolfgang wusste, was er tat. Ich kenne ihn von uns allen ja am längsten. Mich hat er ja schon 1991 im Wald gefunden. Seither erfreue ich mich seiner Zuwendung und Pflege. „Hainbuche die 1.“, nennt er mich liebevoll.
Ich weiß noch gut, wie er 2002 fröhlich mit dir ankam, und wie er alles dafür tat, dass du diesen harten Eingriff gut überstehst.
Hast du eigentlich mitbekommen, dass er ganz Ähnliches erlebt hat?
W: Wie jetzt? Er ist entwurzelt worden?
H: Na ja, nicht ganz. Aber wenn ich darüber nachdenke, gibt es manche Parallelen zwischen euch.
Ich habe auch erst später mitbekommen, was los war. Ab Sommer 2017 hatte er ja auffallend mehr Zeit für uns. Komisch kam er mir aber schon im Dezember 2015 vor: Wir waren im Winterquartier und er hat sich kaum blicken lassen. Und dann war er im Frühjahr 2016 ganz weg. Silke hat uns ja drei Monate gegossen. Als die Beiden sich dann mal im Garten in meiner Nähe unterhielten, schnappte ich verschiedene Stichworte auf: Burnout, Depression, Klinik, Therapie, berufsunfähig. Da wurde mir einiges klar.
Ich weiß, dass er mit Leidenschaft Pastor war. Und dann ging es nicht mehr. Er wäre es gern geblieben. Aber er wäre früher oder später daran kaputt gegangen. Sein Jesus hat ihn zur richtigen Zeit raus genommen und ihm eine neue Chance gegeben. Er hatte Hoffnung und eine neue Idee für ihn.
Verstehst du, was ich meine?
W: Mmh.
H: Was meinst du, wie hart das für ihn war. Manchmal sah ich ihn noch bedrückt beim Waldspaziergang zwischen uns. Doch das Leben geht weiter! Und Jesus hat sich ganz intensiv um ihn gekümmert, hat ihm hilfreiche Menschen zur Seite gestellt, allen voran seine Silke. Er hat ihm viel Zeit gelassen und ihn dann nach und nach auf neue Wege gebracht.
W: Wie Wolfgang das auch bei mir gemacht hat, oder?
H: Genau! Am Anfang sahst du schon grauselig aus. Und jetzt? Schau dich an! Zwar nicht so schön wie ich, aber doch ein beeindruckender ausstellungsreifer Bonsai. Natürlich hast du Wunden davon getragen. Doch die gehören nun zu dir und prägen dich. Und mit jedem Jahr wirst du reifer und schöner.
W: Und unser Wolfgang?
H: Na, er konnte ja seine kreative künstlerische Ader verstärkt entfalten. Mit uns übte er ja schon Jahrzehnte. Nun macht er noch ganz andere Kunstwerke der Natur, vor allem aus Holz. Und Er hat sogar so ne neumodische Internetseite und ist auf Inschtagramm oder wie das heißt.
Wie dir aufgefallen sein dürfte, wurden wir im Frühsommer 2019 wieder drei Monate hauptsächlich von Silke gegossen. Wolfgang machte einen Reha-Vorbereitungs-Lehrgang mit dem Ziel Umschulung zum Tischler. Doch am Ende zeigte sich, dass die Belastungen zu groß waren. Jesus hat ihn erneut herausgeholt – das war wieder hart, aber notwendig.
W: Und was passierte dann?
H: Ihm blieb nichts anderes übrig, als einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu stellen. Elf bange Monate musste er auf den Bescheid warten. Im Oktober 2020 kam dann endlich der positive Bescheid und ich sah die Felsbrocken fast, die von ihm abfielen.
W: Jetzt, wo du mir das erklärst, kann ich besser einordnen, was ich selbst auch wahrgenommen habe. Ein Bißchen bekomme ich in unserem Garten ja auch mit. Wolfgang wirkt seither meistens entlastet und freier.
H: Genau, phasenweise geht es ihm richtig gut. Aber er durchlebt auch heftige Rückschläge. Dann geht es ihm wieder richtig beschissen und er ist das Leben so leid. Das gehört zu seiner Krankheit. Wie ich hörte, nennt man es rezidivierende / wiederkehrende Depression.
Hilfreich ist bei all dem sicher auch, dass sich das Familienunternehmen „konsonant – kunstwerke der natur“ gut entwickelt. Diese sinnvolle Beschäftigung ohne Druck tut ihm so richtig gut. Und auch andere werden durch seine Kunst und durch seine Erfahrungsberichte ermutigt und gesegnet. „Künstler mit Botschaft“ nennt ihn eine Bekannte.
Kürzlich sagte er selbst direkt vor mir zu einem Gartenbesucher:
„Jesus hat mich vom Gleis des hauptamtlichen Pastors runter genommen und auf die Spur des ermutigenden Naturkünstlers gesetzt. Ich habe ganz neu etwas zu sagen und zu zeigen!“
W: Mhm. So langsam drängt sich mir der Eindruck auf, dass Jesus das richtig fürsorglich und gut mit ihm gemacht hat. Hart, aber gut – wie Wolfgang bei mir, schätze ich.